Call for Papers ÖRF 2026/2: ‚Theologien der Pluralität – Pädagogiken der Differenz: Implikationen für Religionspädagogik und Didaktik‘
Wie kaum anderswo prägt die weltanschaulich-religiöse Vielfalt die gesellschaftliche Realität in Europa. Diese Pluralität hat sich in den vergangenen Jahrzehnten – nicht zuletzt durch Migrations- und Fluchtbewegungen – erheblich intensiviert und zu tiefgreifenden sozialen und kulturellen Transformationen geführt. Sie eröffnet neue Möglichkeiten für Begegnung, Verständigung und gesellschaftliche Teilhabe, stellt zugleich jedoch hohe Anforderungen an das Zusammenleben in demokratisch verfassten, kulturell und religiös heterogenen Gesellschaften.
Diese Entwicklungen machen deutlich, dass Deutungs- und Handlungskonzepte erforderlich sind, die religiöse und weltanschauliche Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Ressource gesellschaftlicher Gestaltung begreifen. Pluralität wird so zum Prüfstein für die Fähigkeit einer Gesellschaft, Differenzen als konstitutiv für ihr Selbstverständnis anzuerkennen – und zum Impuls für eine Bildung, die Verschiedenheit als Lern- und Erkenntnischance versteht.
Genau hier setzt der thematische Schwerpunkt „Theologien der Pluralität – Pädagogiken der Differenz“ an: Er lädt zu Beiträgen aus unterschiedlichen theologischen und religiösen sowie pädagogischen Kontexten ein; ebenso zu theoretischen, empirischen und praxisorientierten Beiträgen, die diese Spannung ausloten und Konsequenzen für Unterricht, Lehrer:innenbildung und didaktische Entwicklung reflektieren.
Hintergrund
Das Ziel dieser Ausgabe besteht darin, theologische und religionspädagogische Fragen unter der leitenden Perspektive einer Theologie der Pluralität und einer Pädagogik der Differenz zu beleuchten. Mögliche Beiträge sollen ausloten, wie religiöse und weltanschauliche Pluralität theologisch reflektiert, pädagogisch gerahmt und didaktisch fruchtbar gemacht werden kann – im schulischen und außerschulischen Religionsunterricht ebenso wie in weiteren Kontexten religiöser Bildung und in der systematisch-theologischen Reflexion.
Für „Theologien der Pluralität – Pädagogiken der Differenz“ stellt sich auch die Frage nach Bezugspunkten und damit nach den klassischen Modellen der Religionspluralität (Exklusivismus, Inklusivismus und Pluralismus). Diese sind zwar anschaulich und einflussreich, bringen jedoch erhebliche Probleme und Gefahren mit sich: Tendenzen zur Abwertung und Abkapselung (Exklusivismus), zur Vereinnahmung des Anderen durch rasche Einpassung ins Eigene, wodurch die bleibende Fremdheit ausgeblendet wird (Inklusivismus) oder zur Nivellierung konkreter Traditionen zugunsten einer übergreifenden Metatheorie, in der Differenzen an Bedeutung verlieren (Pluralismus). Gefragt sind daher Beiträge, die diese Modelle kritisch prüfen, differenzieren und weiterentwickeln, beispielsweise im Anschluss an Modifikationen wie einen „aufgeklärten Inklusivismus“, komparativ-theologische Ansätze oder neuere Differenzierungen.
Eingeladen sind theologisch-systematische, fundamentaltheologische, komparativ-theologische, religionsphilosophische sowie religionspädagogische und fachdidaktische Beiträge sowie Studien (theoretisch, empirisch und praxisorientiert). Besonders erwünscht sind Beiträge, die Theologie und Pädagogik miteinander ins Gespräch bringen und die klassischen Modelle im Hinblick auf ihre konkreten Implikationen für religiöse Bildung befragen.
Leitende Fragen und mögliche thematische Schwerpunkte können unter anderem sein:
- Inwiefern wird in pluralen, postmodernen Kontexten das gesteigerte Pluralitätsbewusstsein (Kontingenz, Multioptionalität) als verunsichernd erlebt und wie kann angesichts des Bedürfnisses nach Verlässlichkeit und klaren Aussagen verantwortet von Wahrheit gesprochen werden?
- Wie kann die pädagogische Perspektive – in Auseinandersetzung mit exemplarischen Herausforderungen in diesem Feld – weiter profiliert werden?
- Wie verhalten sich die Wahrheitsansprüche unterschiedlicher religiöser Traditionen zueinander?
- Wie lässt sich über die Dreiteilung Exklusivismus–Inklusivismus–Pluralismus hinauskommen und welche systematisch-theologischen sowie religionspädagogischen Konsequenzen ergeben sich daraus?
- Wie kann im Religionsunterricht (und in anderen Bildungsbereichen) die Frage nach Wahrheit und Wahrheitskriterien gestellt werden – insbesondere im Hinblick auf konfessionslose Schüler:innen und plural zusammengesetzte Lerngruppen?
- Wenn Wahrheit – über die rein subjektive „Wahrheit für mich“ hinaus – als „Grenzbegriff“, „regulative Idee“ oder „Sehnsuchtstopos“ (Englert) verstanden wird: Welchen Beitrag leistet dieser Sehnsuchtsort dafür, die Welt nicht nur in Einzelheiten, sondern als Ganzes und in ihrem Sinnzusammenhang zu verstehen?
- Wie lassen sich entlang dieses Grenzbegriffs interreligiöse Gesprächsräume öffnen und gestalten? Welche Rolle spielen hierbei Modellierungen und Typologien?
- Welche Modelle oder Praktiken interreligiöser Kooperation und Konfliktlösung lassen sich aus unterschiedlichen pluralitätstheologischen Positionen ableiten?
- Wie können klassische Modelle der religionspluralistischen Theologie angepasst oder weiterentwickelt werden, um interreligiöse und innerreligiöse Komplexität angemessen zu erfassen?
- Welche Relevanz haben die verschiedenen Positionen zu Wahrheit und Heil für ethische, soziale oder politische Fragestellungen – etwa im Hinblick auf gesellschaftliche Integration, Konfliktlinien oder den Umgang mit Pluralität?
Mögliche theoretische Bezugspunkte sind Differenzhermeneutik, Ambiguitätstoleranz und Kontingenzsensibilität. Diese Konzepte sind für unterschiedliche Theologien der Pluralität ebenso wie für Pädagogiken der Differenz von zentraler Bedeutung. Eingeladen sind Beiträge, die diese Bezugspunkte aufgreifen und in systematisch-theologischer wie in religionspädagogischer Perspektive weiter ausbauen.
Wir laden herzlich dazu ein, Beiträge zur Thematik zu verfassen und für die Ausgabe des ÖRF einzureichen, die im Herbst 2026 erscheinen wird.
Wir bitten Sie, uns die Ankündigungen Ihres Beitrages (Abstract) zur Thematik der Ausgabe bzw. auch über Thema hinausgehende Texte (unter „weiter wissenschaftlicher Beiträge“ zu veröffentlichen) an folgende Mail-Adresse zu senden: oerf.redaktion@uni-graz.at. Sie erhalten nach einer formalen und inhaltlichen Erstkontrolle daraufhin eine Rückmeldung. Wenn Sie ein positives Feedback von uns erhalten haben und ihr Beitrag fertiggestellt ist, laden Sie diesen für die Einleitung des Peer-Review-Verfahrens selbstständig auf unserer Website hoch: http://oerf-journal.eu/
Wir bitten ebenso um die Bekanntgabe von Publikationen, die in letzter Zeit entstanden sind und die rezensiert werden sollten, sowie um Kurzbeschreibungen sehr guter wissenschaftlicher religionspädagogischer Qualifizierungsarbeiten an den verschiedenen Standorten (Master- oder Diplomarbeiten…)!
Den Ablauf zur Einreichung sowie alle entsprechenden Formalia finden Sie auf unserer Homepage: http://oerf-journal.eu/
Wir bitten dringend, die Manuskriptrichtlinien genau einzuhalten!
Verantwortliche für die inhaltliche Konzeption dieser Ausgabe
Univ.-Prof. Dr. Zekirijia Sejdini, Universität Wien
Dr. Lukas Pallitsch, PhD, Universität Wien
Zeitplan
Vorschläge für Beiträge erbitten wir bis: 31. März 2026
Abgabetermin aller Beiträge für das Peer-Review-Verfahren: 10. Mai 2026
Abgabetermin für Rezensionen und Qualifikationsarbeiten: 15. Juni 2026
Erscheinungsdatum: November 2026